Dienstag, 16. September 2014

Rudelstellung

In letzter Zeit liest man vermehrt etwas von der 7-Stellung-Rudeltheorie, wie ich es mal grob zusammenfassen kann.
Die sieben Stellungen sind:

1.Vorderer Leithund
2.Vorderer Kundschafter
3.Vorderer Wächter
4.Zentralhund
5.Hinterer Kundschafter
6.Hinterere Wächter
7.Hinterer Leithund

Hierbei geht es darum, dass die Hunde eine von den 7 Stellungen angeboren haben und nur dann glücklich wären, wenn sie genau diese Stellung ausleben können. Kurz um, jeder der einen Hund halten will, muss also sieben Hunde halten, damit alle „glücklich“ sind – ok, rein aus tierschutzrechtlichen Gründen gar nicht mal so dumm, denn dann würden, hoffentlich mehr Tiere aus Tierheim ein zu Hause haben, weil anstatt einen Hund nimmt man eben sieben auf.
Dafür bräuchte man definitiv eine riesen Wohnung oder besser ein Haus mit riesen Grundstück – das hätte wiederum zur Folge, das mehr Hunde ins Tierheim kommen, weil jene Hundebesitzer die nur eine kleine Wohnung haben sieben Hunde nicht halten könnten, außer gestapelt in der Ecke oder eben nur einen wollen.

Thomas Riepe, Tierpsychologe, hat zu diesem Thema einen interessanten Beitrag in der aktuellen DOGStoday 05/2014 verfasst, der mich selbst zum Nachdenken angeregt hat.
Aufgrund der Tatsache, dass Luri ein spanischer Straßenhund ist, habe ich mich nicht nur allgemein mit dem Thema Hund auseinander gesetzt, sondern auch spezielle Literatur über solche Straßenhunde gelesen, wie „Von der Straße auf die Couch“ von Nina Taphorn, wo eindeutig klargestellt wird, wie auch Thomas Riepe sagt, dass die Hunde selten in Gruppen von 7 Tieren leben, also die Theorie praktisch nicht möglich ist.

Auch Luri striff, laut Beobachtungen, allein auf der Straße herum und war sein eigener Herr. Das erkennt man u.a. wunderbar daran, dass er sich schwer tat, sich unter zu ordnen.
Das jeder Teil eines Rudels eine gewisse Stellung innerhalb dieses Rudels einnimmt ist uns ja sicherlich allen klar und hier sollte vor allem der Hund nicht gerade der Rudelführer sein, aber die Rudelgröße wird nicht durch diese Theorie von sieben bestimmt, sondern bemisst sich an der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen (Mutter, Vater, Kinder) und Tieren (andere Hunde, Katzen,…)

Und warum soll der Hund dadurch unglücklich sein, wenn es mehr oder weniger als sieben sind? 
Ist ein Hund nicht glücklicher, wenn er seiner Art gerecht ausgelastet wird und am Ende vollends ungeteilte Aufmerksamkeit genießt und Streicheleinheiten genießt?!

In meinem Rudel, was nun, nach dem Auszug aus dem elterlichen Haus, nur noch aus Luri und mir besteht, bin eindeutig ich der Rudelführer, ich entscheide, wann es Futter oder Spielzeug gibt, ich beginne und beende das Spiel und ja auch ich entscheide ob Luri mit ins Bett darf oder nicht (außer ich bin im Tiefschlaf und rutsche im Unterbewusstsein zur Seite, denn das sieht er immer als Einladung).
Ihm wird quasi jede lebensnotwendige Entscheidung abgenommen - prima eigentlich. Dies hat aber nichts damit zu tun, dass der Hund eine Aufgabe braucht (Fährtenarbeit, Agility).
Aber nur weil unser Rudel aus zwei Mitgliedern besteht würde ich nicht sagen, dass Luri unglücklich ist, im Gegenteil. Natürlich könnte man ihn glücklicher machen, wenn man jeden Tag riesen Runden gehen würde, stundenlang Ball spielt und ich rund um die Uhr bei ihm wäre, aber das ist ja solange ich Berufstätig bin nicht immer möglich.
Und dennoch freut er sich jedes Mal wenn ich komme, auch wenn ich nur kurz den Müll runter gebracht habe, freut er sich mich zu sehen, als sei ich 10 Jahre weg gewesen. Und dann wackelt sein süßer Po hin und her…ja jetzt soll mir einer sagen, er wäre unglücklich.

Erschrocken habe ich mich ja auch über die Tatsache, die Herr Riepe anführt, das es mittlerweile Tauschbörsen gibt, wo die Hunde untereinander entsprechend getauscht werden – wie beim Quartett – bis ich eben alle sieben passenden Tiere Nr. 1 bis 7 vollständig habe ohne auf die persönlichen Bedürfnisse des Tieres zu achten. Hierbei werden etablierte Rudel (Mensch-Hund) auseinandergerissen, weils der Theorie zu Folge nicht passen soll,…oh man, der arme Hund!

Also ich finde die Theorie völligen Blödsinn und Jeder der ein bisschen Menschenverstand hat, dem müsste dies auch bewusst sein.
Aber auf alle Fälle bewirkt die Theorie eines – eine rege Diskussionsrunde auf der Hundewiese. Also warum nicht mal darüber diskutieren als nur über das Wetter zu reden?!

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